Fluchtursachenbekämpfung – warum das die wichtigste Vokabel in der Flüchtlingsdebatte sein sollte
Kommentar von Dagmar Wöhrl
Nur, wenn die Menschen eine wirkliche Zukunftsperspektive haben, bleiben sie in ihrer Heimat. Davon ist Dagmar Wöhrl, Vorsitzende des Auschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, überzeugt. In ihrem Kommentar fordert sie deshalb noch mehr Engagement, um die Fluchtursachen zu bekämpfen.
Die Zahl der in Deutschland ankommenden Flüchtlinge ist in den letzten Wochen drastisch gesunken. Weder bedeutet dies, dass die Fluchtursachen verschwunden sind, noch, dass wir bei unseren Anstrengungen in der Fluchtursachenbekämpfung nachlassen dürfen. Im Gegenteil, wir müssen unsere Bemühungen noch intensivieren. Der Konflikt in Syrien ist nicht beendet, die Situation in den umliegenden Staaten weiterhin sehr angespannt; in Afghanistan verschlechtert sich die Sicherheitslage, und immer mehr Menschen aus Subsahara-Afrika kommen in Libyen an. Führen wir uns vor Augen: Libyen ist der neue Krisenherd, direkt gegenüber von Europa. Die Zahlen der Flüchtlinge, die über das Mittelmeer nach Italien kommen, steigen nach der Schließung der Balkan-Route wieder stark an. Seit Januar waren es schon knapp 30.000 Menschen. Mehr als doppelt so viele wie im gleichen Zeitraum 2015. Diese Zahlen verdeutlichen, dass wir die Herausforderungen in der Flüchtlingsfrage nicht nur durch das Schließen von Grenzen werden lösen können, denn die Flüchtlingsrouten werden sich jedes Mal wieder verändern.
Auch mit Blick auf die Türkei dürfen wir uns nicht zu stark in die Abhängigkeit von anderen begeben, um die Zahlen der Flüchtlinge zu begrenzen, die zu uns kommen. Der Schlüssel zur Lösung liegt darum einzig und allein in der Fluchtursachenbekämpfung. Nur wenn wir den Menschen vor Ort eine wirkliche Zukunftsperspektive geben können, werden sie langfristig nicht ihre Heimat verlassen.
Wichtig ist ein ausgewogener Mix aus schnell wirksamen und langanhaltenden Maßnahmen, den wir im Plenum am Donnerstag beraten haben. Wir leisten auf der einen Seite Not- und Übergangshilfe, um die unmittelbare Not der Flüchtlinge zu lindern. Auf der anderen Seite arbeiten wir an langfristigen Maßnahmen, die dazu dienen, die Widerstandsfähigkeit der Gemeinden für die Aufnahme weiterer Flüchtlinge zu stärken. Damit die Menschen dort unter würdigen Bedingungen leben können, eine Zukunftsperspektive vor Ort erhalten und nicht weiter nach Europa ziehen müssen.