Dobrindt: "Das ist mehr als ein Linksruck, das ist eine Flucht"
Die Spitzen von CDU, CSU und SPD kamen zusammen, um im Koalitionsausschuss über die aktuellen GroKo-Baustellen zu diskutieren. In der BILD sprach der Vorsitzende der CSU im Bundestag, Alexander Dobrindt, über die aktuellen Themen der Regierung.
Herr Dobrindt, Klimaschutzgesetz, Grundrente ohne Bedarfsprüfung, Einsparungen im Haushalt. Die SPD macht derzeit die Ansagen in der GroKo?!
Rückabwicklung der Agenda 2010, Abschaffung von Hartz IV, Homeoffice für alle haben Sie noch vergessen. Die SPD arbeitet sich verdächtig nah an die Linkspartei ran. Das ist mehr als ein Linksruck, da ist eine Flucht nach links zu spüren.
Finanzminister Scholz sagt, die Grundrente ist auch ohne Bedarfsprüfung finanzierbar. Sehen Sie das auch so?
Nein. Wir wollen die Grundrente. Aber man fragt sich doch, was die SPD eigentlich umtreibt, wenn sie die individuelle Einkommenssituation nicht prüfen will, bevor sie zusätzliche Leistungen verteilt. Der SPD-Vorschlag führt dazu, dass auch Renten von Ehepartnern aufgestockt werden, deren Haushaltseinkommen höher sind, als von manchen Arbeitnehmern, die dafür bezahlen sollen. Das kann nicht richtig sein. Die SPD erweckt den Eindruck, dass sie nicht an einer Problemlösung interessiert ist, sondern einen Rentenstreit provozieren will.
Die Union will den Soli komplett abschaffen. Ist das trotz sinkender Steuereinnahmen noch möglich?
Die Steuereinnahmen sinken nicht, sie wachsen nur weniger schnell als in der Vergangenheit. Wir haben nach wie vor Rekordsteuereinnahmen. Wann, wenn nicht in dieser Zeit soll dem Steuerzahler etwas zurückgegeben werden? Drei Jahrzehnte nach der Wiedervereinigung gehört der Soli nicht mehr auf die Gehaltsabrechnung der Bürger, sondern in das Geschichtsbuch der Bundesrepublik Deutschland.
Würden Sie einem Kompromiss zustimmen, den Soli zunächst für 90 Prozent der Steuerzahler abzuschaffen und die komplette Streichung auf später zu verschieben?
Das entspricht der Vereinbarung im Koalitionsvertrag. Uns ist wichtig, dass wir dabei auch einen Fahrplan für die weiteren Schritte bis zur kompletten Abschaffung finden. Die Politik hat immer versprochen, dass der Soli befristet erhoben wird. Daran muss sie sich halten.
In der SPD wird argumentiert: Soli-Abschaffung und Grundrente sind bezahlbar, wenn der Spitzensteuersatz angehoben wird. Gehen Sie da mit?
Auf keinen Fall. In Zeiten von Rekordsteuereinnahmen Steuererhöhungen zu fordern, zeigt doch nur, dass man nicht mit Geld umgehen kann.
Es gibt Streit um die Einspar-Forderungen des Finanzministers an die Ressorts der Union. Was werden Sie von Olaf Scholz beim Koalitionsausschuss am Donnerstag fordern?
Wir wollen mehr Geld für die Modernisierung der Infrastruktur, für die Verteidigung und die Sicherheit. Was Olaf Scholz plant, ist kein Zukunftshaushalt für Deutschland, sondern ein Therapiepaket für die SPD. Sinkende Investitionen bei gedämpfter Konjunkturerwartung und wachsenden internationalen Herausforderungen sind ein falsches Signal.
Bei der Aberkennung der deutschen Staatsbürgerschaft für Dschihad-Heimkehrer gibt es noch immer keine Einigung. Was muss geschehen? Wer muss sich bewegen?
Als erstes muss in jedem Einzelfall geprüft werden, ob die deutsche Staatsangehörigkeit überhaupt rechtmäßig erworben wurde. Wer sich dem IS anschließt und für den Dschihad kämpft, zeigt doch mehr als deutlich, dass er mit unseren Werten und Gesetzen nichts zu tun haben will. Deshalb ist bei Doppelstaatlern die Aberkennung der deutschen Staatsbürgerschaft die logische Folge. Die Bundesjustizministerin hat das erforderliche Gesetz dazu schon zu lange verschleppt.
Die SPD will im Falle eines Rücktritts von Angela Merkel offenbar AKK nicht zur Nachfolgerin wählen. Legen Sie sich auf Neuwahlen fest, sollte es zum Bruch kommen?
Wir arbeiten dafür, dass die Koalition zusammenbleibt. Die GroKo hat bisher Vieles auf den Weg gebracht, was das Leben und den Alltag der Bürger in Deutschland konkret verbessert. Auch die SPD sollte die Erfolge dieser Regierung selbstbewusst vertreten, anstatt ständig Debatten über ein frühzeitiges Ende der Koalition anzuzetteln. Vertrauen gewinnt man mit guter Arbeit, nicht mit Diskussionen über das Ende der Koalition und der Flucht aus der Verantwortung.
Unionsfraktionschef Brinkhaus hält einen Moslem als Bundeskanzler für denkbar. Sie auch?
Mir ist nicht bekannt, dass aus den Spitzen der Unionsparteien jemand zum Islam übertreten will. Von daher erübrigt sich die Debatte.